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Journal Club

Journal Club by SWISS KNIFE

Originalpublikation

«Quality-of-Life and Recurrence Outcomes Following Laparoscopic Elective Sigmoid Resection vs Conservative Treatment Following Diverticulitis: Prespecified 2-Year Analysis of the LASER Randomized Clinical Trial»

Santos A, Mentula P, Pinta T, Ismail S, Rautio T, Juusela R, Lähdesmäki A, Scheinin T, Sallinen V JAMA Surg. 2023. DOI: 10.1001/jamasurg.2023.0466

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Was ist Journal Club?

Im Format Journal Club diskutieren wir kürzlich erschienene und alltagsrelevante Publikationen. Über Einsendungen an die Autor:innen würden wir uns freuen.

 

Methoden

Intention-to-treat-Analyse: Alle Patienten, die zu Studienbeginn einer bestimmten Untersuchungsgruppe zugeteilt worden sind, werden bei der Auswertung am Studienende in der zugeteilten Gruppe berücksichtigt; und zwar unabhängig davon, ob die Patienten während der Studie die Behandlung wechselten oder sonst vom Studienprotokoll abwichen.

Per-Protokoll-Analyse: Es werden ausschliesslich diejenigen Patienten berücksichtigt, die zu 100% prüfplankonform behandelt wurden. Patienten, die nicht prüfplankonform behandelt wurden, werden von der Analyse ausgeschlossen; zu den ausgeschlossenen gehören Patienten, die die Gruppe gewechselt haben oder ganz ausgeschieden sind.

Hintergrund

Akute Divertikulitiden sind häufig. In rund zwei Drittel der Fälle sind sie unkompliziert und benötigen auch nur bedingt eine antibiotische Therapie. Allerdings tendiert eine Subgruppe zu rezidivieren und sich in dieser Form teilweise auch zu chronifizieren bis hin zu permanenten Schmerzen. Ein Drittel der Fälle zeigt schon initial eine komplizierte akute Divertikulitis, welche allerdings ebenfalls meist (vor allem bei Abszessen) konservativ therapiert werden kann.

Während früher eine Sigmaresektion sehr liberal indiziert wurde, insbesondere bei wiederkehrenden Entzündungen oder als vorbeugende Massnahme nach einem komplizierten Verlauf, hat sich in den vergangenen Jahren eine deutlich zurückhaltendere Indikationspraxis entwickelt. Allerdings fussen die aktuellen Leitlinien vor allem auf retrospektiven und nicht-randomisierten Studien. Im Falle einer konservativ therapierten, initial komplizierten akuten Divertikulitis und bei rezidivierenden Divertikulitiden bleibt die Indikation nach der Ausheilung unklar.1 

Bisher gibt es zur Thematik einzig eine randomisiert kontrollierte Studie (DIRECT Studie, 2019), welche hauptsächlich Patienten mit persistierender symptomatischer Divertikulitis einschloss.2 Um die Evidenzlücke bei Patienten bei rezidivierender, komplizierter oder persistierender symptomatischer Divertikulitis bezüglich operativer bzw. konservativer Therapie im Hinblick auf die zu erwartende Lebensqualität zu füllen, wurde die LASER Studie gestartet.

Methoden

Design:

Die randomisiert kontrollierte Multicenter-LASER-Studie wurde zwischen September 2014 und Oktober 2018 an fünf finnischen Spitälern durchgeführt.

Teilnehmer:

Folgende drei Patientengruppen wurden eingeschlossen:

1. Patienten mit drei oder mehr Divertikulitis-Episoden innerhalb von zwei Jahren

2. Patienten mit einer oder mehr Episoden einer konservativ behandelten komplizierten Divertikulitis

3. Patienten mit längerfristigen Schmerzen bzw. verändertem Stuhlgang über drei Monate nach einer CT-gesicherten akuten Divertikulitis.

Exkludiert wurden multimorbide Patienten mit Kontraindikationen zur Laparoskopie, Patienten mit Striktur oder Fistel, aktivem malignem Tumor, Alter < 18 oder > 75 Jahre und fehlender Koloskopie in den letzten zwei Jahren.

Randomisierung:

Die oben genannten Patienten mit rezidivierender, komplizierter oder persistierender Divertikulitis wurden 1:1 zur elektiven Sigmaresektion oder konservativen Therapie, d.h. mit Patienten-Schulung und ballaststoffreicher Ernährung randomisiert.

Endpunkte:

Der primäre Endpunkt der Studie war der gastrointestinale Lebensqualitäts-Score (GIQLI) nach sechs Monaten. Dieser Endpunkt wurde in einer früheren Studie bereits berichtet.3 

Vordefinierte sekundäre Endpunkte waren die gastrointestinale Lebensqualität (GIQLI Score), Komplikationen und Rezidivrate nach zwei Jahren. Das Patienten Follow-up wurde mittels Fragebogen per E-Mail bzw. Anrufe erfasst. In der aktuellen Studie werden die 2-Jahres-Ergebnisse berichtet.

Statistische Analyse:

Basierend auf dem primären Endpunkt wurde eine Fallzahlberechnung von 133 Patienten berechnet, wobei die Studie aufgrund signifikanter Differenzen in der Interims-Analyse gestoppt wurde. Primär wurde eine Intention-to-treat-Analyse der Endpunkte vorgenommen. Da eine relevante Anzahl Patienten aus der konservativen Gruppe operiert wurde, wurde zusätzlich eine post-hoc-per-protokoll-Analyse durchgeführt.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 90 Patienten randomisiert, je 45 Patienten pro Gruppe, wobei in der Intention-to-treat-Analyse 41 Patienten in die chirurgische Gruppe und 44 Patienten in die konservative Gruppe eingeschlossen wurden. In der chirurgischen Gruppe verweigerten zwei Patienten die Sigmaresektion. In den ersten zwei Jahren wurden in der konservativen Gruppe acht Patienten (18%) Sigma-reseziert. Schwere Komplikationen (Dindo-Clavien ≥ 3) fanden sich in der chirurgischen Gruppe bei 10% im Vergleich zu 5% in der konservativen Gruppe. In der gesamten Kohorte gab es in 24 Monaten keine Mortalität. Temporäre Stomata wurden bei zwei bzw. drei Patienten der chirurgischen und der konservativen Gruppe angelegt. Alle Stomata bis auf eines in der konservativen Gruppe waren nach 24 Monaten zurückverlegt. Der mittlere GIQLI-Score war nach einem Jahr mit neun Punkten signifikant höher in der chirurgischen Gruppe (118 vs. 109 Punkte; P = 0.03), jedoch nach zwei Jahren bei sieben Punkten Differenz nicht mehr signifikant unterschiedlich (116 vs. 109 Punkte; P = 0.07). In den zwei Jahren Follow-up hatten 25 von 41 Patienten in der konservativen Gruppe und vier von 37 Patienten in der chirurgischen Gruppe ein Rezidiv der Divertikulitiserkrankung (61% vs. 11%; P < 001). Nach 24 Monaten zeigten Patienten in der chirurgischen Gruppe eine signifikant höhere Zufriedenheit, weniger häufige und weniger starke Schmerzen.

In der post-hoc-per-protokoll-Analyse wurden 39 Patienten in der chirurgischen Gruppe analysiert, welche tatsächlich eine Sigmaresektion erhalten hatten und 39 Patienten (nach einem Jahr) sowie 36 Patienten (nach zwei Jahren) mit rein konservativer Behandlung eingeschlossen. Hierbei war in der Per-protokoll-Analyse der GIQLI-Score sowohl nach einem Jahr als auch nach zwei Jahren in der chirurgischen Gruppe signifikant höher (nach einem Jahr 119 vs. 108 Punkte; P = 0.02; nach zwei Jahren 117 vs. 107 Punkte; P = 0.02).

Diskussion

In der Intention-to-treat-Analyse zeigt sich zwar eine signifikant verbesserte Lebensqualität nach chirurgischer Behandlung der Divertikulitis nach sechs Monaten und einem Jahr, jedoch nicht nach zwei Jahren. Die chirurgische Behandlung war sehr effektiv in der Prophylaxe der akuten Divertikulitis, so zeigte sich in der chirurgischen Gruppe eine Rezidivrate von 11%, während in der konservativen Gruppe 61% ein Rezidiv hatten.

Weiter sprechen die höhere Patientenzufriedenheit sowie die selteneren und weniger starken Schmerzen für die chirurgische Therapie in der untersuchten Patientengruppe. Wahrscheinlich als Folge der hohen Rezidivrate erfolgte bei 18% der initial konservativ behandelten Patienten doch noch eine Sigmaresektion innerhalb von 24 Monaten. Um dieser hohen Patientenverschiebung in die Operationsgruppe gerecht zu werden, wurde eine post-hoc-per-protokoll-Analyse durchgeführt. Hierbei zeigte sich auch nach zwei Jahren eine höhere Lebensqualität bei Patienten, die operiert worden waren gegenüber den Patienten, die stets konservativ behandelt worden waren. Diese Ergebnisse decken sich mit den Resultaten der einzigen anderen randomisiert-kontrollierten Studie, dem DIRECT Trial. Jedoch wurden in der niederländischen Studie noch mehr Patienten im Follow-up Sigma-reseziert (sechs Monate: 23% und fünf Jahre: 46%); im DIRECT Trial gab es allerdings auch in der chirurgischen Gruppe mehr schwere postoperative Komplikationen als im LASER Trial (21% vs. 10%).2,4

Insgesamt müssen die Vorteile der Chirurgie sorgfältig gegen die höheren postoperativen Komplikationsraten (10 vs. 5%) balanciert werden. Mit dem Patienten sollte dementsprechend im Sinne eines «shared-decision making» eine individuelle Therapie besprochen werden.

Die ungleichmässige Zusammensetzung der Patientengruppe ist als Nachteil der aktuellen Studie zu erwähnen. 78% der Patienten wurden im LASER Trial aufgrund rezidivierender Divertikulitiden eingeschlossen. Die Daten lassen sich also nur auf diese Patientengruppe valide übertragen. Demgegenüber wurden in den DIRECT Trial übrigens 63% der Patienten aufgrund chronischer Schmerzen eingeschlossen. Die Frage des weiteren Vorgehens nach konservativ therapierter komplizierter akuter Divertikulitis kann daher durch diese beiden Studien nicht suffizient beantwortet werden.

Allerdings scheint bei rezidivierenden Sigmadivertikulitiden das Auftreten weiterer Schübe mit der Anzahl an stattgehabten Episoden zuzunehmen.

So ist bekannt, dass Patienten mit einem ersten Divertikulitisschub nur ein 30% Rezidivrisiko in fünf Jahren haben, währenddessen das Rezidivrisiko nach dem dritten Schub bei 80% liegt.5 Ein geeigneter Schwellenwert für das Angebot chirurgischer Optionen hat sich im aktuellen LASER Trial bei drei oder mehr Divertikulitisepisoden gezeigt und wird von den Autoren als Richtwert vorgeschlagen.

Referenzen

1.         Schultz JK, Azhar N, Binda GA, et al. European Society of Coloproctology: guidelines for the management of diverticular disease of the colon. Colorectal Dis Off J Assoc Coloproctology G B Irel. 2020;22 Suppl 2:5–28.

2.         van de Wall BJM, Stam MAW, Draaisma WA, et al. Surgery versus conservative management for recurrent and ongoing left-sided diverticulitis (DIRECT trial): an open-label, multicentre, randomised controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2017;2:13–22.

3.         Santos A, Mentula P, Pinta T, et al. Comparing Laparoscopic Elective Sigmoid Resection With Conservative Treatment in Improving Quality of Life of Patients With Diverticulitis: The Laparoscopic Elective Sigmoid Resection Following Diverticulitis (LASER) Randomized Clinical Trial. JAMA Surg. 2021;156:129–136.

4.         Bolkenstein HE, Consten ECJ, van der Palen J, et al. Long-term Outcome of Surgery Versus Conservative Management for Recurrent and Ongoing Complaints After an Episode of Diverticulitis: 5-year Follow-up Results of a Multicenter Randomized Controlled Trial (DIRECT-Trial). Ann Surg. 2019;269:612–620.

5.         Hupfeld L, Burcharth J, Pommergaard H-C, et al. Risk factors for recurrence after acute colonic diverticulitis: a systematic review. Int J Colorectal Dis. 2017;32:611–622.

 

 

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